11. Oktober 2007

Was wäre, wenn...

Zunächst einmal die notwendigen Informationen:

Wolfsburger Allgemeine Zeitung, BildBlog.de, Spiegel Online (Video), DIE WELT.

Jetzt mal angenommen, ich könnte ganz gut kicken. Ich bin sogar so gut, dass ich in der U-21-Nationalmannschaft des Landes spiele, in dem ich aufgewachsen bin. Geboren bin ich nicht in dem Land. Ich habe zwei Pässe:
1. Pass aus dem "Heimat-Land" und 2. Pass aus dem "Diktatur-Land".

Ich bin schon seit meiner Jugend in "Heimat-Land", Teile meiner Familie leben aber noch in "Diktatur-Land". Mein Bruder spielt dort auch Fußball, und das gar nicht mal so schlecht...

Mit der U-21-Auswahl darf ich nun zu einem Spiel in das "I-Land" fahren. Dummerweise ist die Regierung (wenn man sie denn nun mal so nennen will) aus "Diktatur-Land" mit den Ansichten (wenn man die nun mal so nennen will) des "I-Landes" nicht ganz so einverstanden. (Okay, das war jetzt sehr vereinfacht, aber weiter im Text...)
Die Regierung verbietet auch deswegen jedem Bürger aus "Diktatur-Land" einen sportlichen Wettkampf mit Menschen aus "I-Land". Sollte jemand dagegen verstoßen, muss er (und mit großer Sicherheit auch Teile seiner Familie) mit Diskriminierungen, Sanktionen und anderem Übel rechnen. (ZDF-Morgenmagazin, Interview mit Michael Vesper, Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes)

Mal angenommen, dass alles trifft auf mich zu. Mal angenommen, wenn ich gegen "I-Land" auflaufe, dann käme mein Bruder ins Gefängnis und wird gefoltert. Meine Familie sehe ich sobald nicht wieder, weil ich nicht in das "Diktatur-Land" einreisen darf und sie nicht aus "Diktatur-Land" ausreisen dürfen. Mal angenommen, alles das würde dann auf mich zukommen: Ich wäre zum Zeitpunkt des Spieles gegen I-Land verletzt! Muskelfaserriß beim Training! Nerv im Rücken eingeklemmt, als ich den Neffen hochheben wollte! Irgendwas!

Vielleicht wäre die bombastische Diskussion über einen U-21-Nationalspieler, der eigentlich nur Angst vor eventuellen Sanktionen gegen sich und seine Familie hat, und (hoffentlich) keinesfalls ein Judenhasser oder ein "Mahmud Ahmadinedschad"-Sympathisant ist, gar nicht erst aufgekommen. Nun gut, Dejagah hat die andere Variante gewählt und sich dabei (unglücklich/dumm/hermanesk-mißverständlich) ausgedrückt. Alles andere wäre irgendwie leiser gewesen. Der Zentralrat der Juden hätte Dejagah nicht von der Nationalmannschaft ausschließen lassen wollen. Die BILD-Zeitung hätte Dejagah nicht indirekt als Judenhasser hingestellt. Und und und...

Aber ich finde es doch tröstlich, dass der Präsident des deutschen Fußball-Bundes, nachdem er zunächst ob der Absage Dejagahs völlig empört mit dem Kopf geschüttelt und sich von der (unglücklichen) Aussage ausdrücklich distanziert hat, nun wenigstens ein Gespräch mit dem Spieler sucht. Das hätte doch schon viel eher passieren können, oder

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